Oliver Welp: Amateurfunk/Veröffentlichungen

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DLØART/am - der dritte Versuch

Unsere beiden ersten Starts im Juli 1995 (vgl. CQ DL 9/95) waren eigentlich als nur Tests für die Steuerung und Verfolgung eines solchem Ballons gedacht gewesen, nichtsdestotrotz hatten wir bereits eine hohe Resonanz seitens anderer YLs und OMs. Im großen und ganzen waren die Versuche recht erfolgreich verlaufen, und so überlegten wir uns danach, wie wir eine Nutzung des Ballons, die über das Abhören der Bake hinausgeht, verwirklichen könnten.

Nach Sichtung der teils (in der berühmten Bastelkiste) vorhandenen bzw. einfach (und günstig) zu beschaffenden Baugruppen und -teile kamen wir zunächst zu diesen Möglichkeiten:

1. FM-Crossband-Relais: Umsetzung eines Kanals von 70 cm auf 10 m oder
2. Voice-Digipeater auf 70 cm mit ca. 16 s Sprechzeit

Etwas später bekamen wir von DK4VW alte DUBUS-Berichte über die ARTOB-Aktivitäten in den siebziger Jahren zugeschickt. Darin fand sich auch das Schaltbild des damals genutzten Linear-Transponders. Als Armin, DF1QE, einige Tage später ein Schaltbild eines alten 70-cm-Betriebsfunkgerätes studierte (Dantronik AP 711), stellte er fest, daß dieses zusammen mit einem Bosch KF 161 fast alle Baugruppen für einen solchen Transponder enthält. Wenige Tage später war bereits ein betriebsfertiger Transponder entstanden: An die Empfangsbaugruppe des AP 711 (bis zur 10,7-MHz-ZF) schloß sich ein 40 kHz breites ZF-Filter sowie ein selbstgebauter ZF-Verstärker (mit MC1350) an, bevor das Signal auf den Sendemischer eines KF 161 gegeben wurde, dem dessen (allerdings auf Linearbetrieb modifizierte) Endstufe folgte. Und in der Tat funktionierte dieses Konzept einwandfrei, wie wir bei einigen Tests feststellten.

Zwischenzeitlich waren von Oliver, DL9QJ, Lithium-Batterien organisiert worden. Diese werden in den USA als Surplus der US-Army verkauft und haben ungeschlagene Eigenschaften bezüglich ihres Gewichts-/Leistungsverhältnisses und ihrer Entladekurve bei sehr tiefen Temperaturen. Allerdings sind sie im fabrikneuen Zustand quasi unbezahlbar, doch trotz ihres stolzen Alters von ca. 12 Jahren haben diese Zellen offenbar kaum abgebaut. Der Transport ging problemlos: Ein Freund aus den USA brachte sie bei seinem Besuch in DL mit und schenkte sie uns sogar (das schonte die nicht vorhandene ARTOB-Kasse enorm!)... obwohl selbst kein OM. Diese Zellen werden nun bei weiteren Flügen (so auch diesem dritten) eingesetzt. Da wir für die Notbake eine unabhängige Stromversorgung wünschten, allerdings 3 dieser Monozellen á 3 V doch etwas überdimensioniert gewesen wären, baute Armin hierfür (nach einigen Versuchen) einen Step-up-Regler nach 9 V auf Basis eines MAX 752. Mit einer einzigen Lithium-Zelle kann die Notbake damit ca. 30 h senden, was (hoffentlich) in jedem Fall ausreicht, unseren Ballon wiederzufinden...

Während des heißen Sommers kamen wir aufgrund von Urlaub, starken QRL usw. nicht dazu, einen weiteren Start durchzuführen. Als uns wieder etwas Zeit zur Verfügung stand, hatte das Wetter jedoch stark nachgelassen, so daß sich erstmal kein möglicher Starttermin abzeichnete. Wegen einer Auflage der DFS können wir nur bei Sichtflugbedingungen starten und müssen zudem unter einer eventuellen Wolkenuntergrenze bleiben. Daher starten wir nur bei klarem Wetter, denn ein Flug in vielleicht 800 m Höhe hätte ja wenig Sinn. Daher erklärt sich auch, daß wir unsere Starts immer nur sehr kurzfristig ankündigen können, denn eine zuverlässige Wettervorhersage über mehr als ein paar Tage ist wohl nur in Ausnahmefällen möglich. Daher beschließen wir einen Start i. d. R. freitags auf unserem OV-Abend, gestartet wird üblichweise sonntags um ca 12:00 UTC.

Am Freitag, dem 06.10.95, zeichnete sich für den folgenden Sonntag eine solch gute Wetterlage ab. Da wir vorher bereits vereinbart hatten, so bald wie möglich den nächsten Start durchzuführen (schließlich mußte auch die Miet-Gasflasche weg, denn wir hatten inzwischen eine mietfreie organisieren können), setzten wir also für den folgenden Sonntag einen Start an. Allerdings war uns bewußt, daß damit sehr viel Arbeit auf uns zukommen würde - denn viele Startvorbereitungen waren noch nicht getroffen. Auch war das Zusammenspiel der diversen Komponenten noch nicht getestet - diesmal wollten wir drei Signale auf 2 m erzeugen und insgesamt drei Empfänger (2 x 70 cm, 1 x 10 m) mitfliegen lassen (bisher war immer nur ein Sender und max. ein Empfänger an Bord gewesen). Natürlich sollten auch die Meßwerte über Batterie-Spannung, Höhe, Innen-/Außentemperatur übermittelt werden. Der Großteil der Antennen sowie auch der Fallschirm und die Absprengvorrichtung (ebenfalls Premiere; gedacht für den Fall, daß sich das Gasventil nicht öffnen ließe) mußte auch noch gebaut werden...

Mit den vereinten Kräften von Armin (DF1QE), Dirk (DD1QN) und Oliver (DL9QJ) wurde es tatsächlich geschafft, noch alles zusammenzubauen, so daß am frühen Sonntagmorgen gegen ca. 02:30 h das gesamte Equipment klar für den Abschlußtest war. Leider mußten wir dann feststellen, daß es da einen Effekt namens Intermodulation gibt... immer, wenn mehr als ein Sender auf 2 m aktiv war, trat diese -teils in sehr starkem Maße- auf. Insbesondere der Telemetriesender war offenbar daran beteiligt, in bezug auf die Notbake war dieser Effekt durch räumliche Entkopplung in den Griff zu bekommen. Transponder und Telemetriebake vertrugen sich aber überhaupt nicht. Wir versuchten noch, das Telemetriesignal stattdessen mittels eines einfachen Quarzoszillators im Bereich der ZF des Transponders zu erzeugen, von diesem nach 2 m hochmischen und aussenden zu lassen, doch auch das war auf die Schnelle nicht in den Griff zu bekommen. Doch die Telemetrie war natürlich äußerst wichtig für den Flug - auf die konnten wir nicht verzichten. Gegen 05:30 h (unsere Laune war inzwischen ziemlich auf dem Tiefpunkt) hatten wir das Equipment für einen Flug ohne Transponder klargemacht (obwohl wir nahe daran waren, den ganzen Start abzusagen).

Am nächsten Morgen (Treffen war 11:30 h) sahen unerklärlicherweise einige der OMs arg übernächtigt aus... trotzdem brachen wir zu unserem Startplatz am Freibad in Münster-Nienberge auf. Die weiteren Startvorbereitungen liefen dort glatt, allmählich entwickelt sich darin wohl auch etwas Routine. Nach den letzten Tests sowie Anrufen bei der DFS und beim Flughafen Münster-Osnabrück (FMO), der uns sogar (für den Fall eines Falles) einen Durchflug durch seine Kontrollzone bei einer Mindesthöhe von 10.000 ft erlaubte, waren wir endlich startklar. Um 13.11 h (MEZ) war es endlich soweit: START!

Der Ballon stieg zügig und driftete langsam Richtung NNO (35°) ab. Die Peil- und Kontrollteams startteen in ihre vorgesehenen Gebiete, die Peilungen wurden über das 70-cm-Relais Münster (DBØPD) an das Koordinierungs-Team übermittelt. Dieses warleider diesmal ohne Computer-Unterstützung, daher brauchte es relativ lange, bis nach den Peilungen die Ballon-Position bestimmt werden konnte, und Fahranweisungen an die Peilteams blieben nahezu aus.

Die ersten Telemetriekontakte zum Ballon klappten einwandfrei, die Steiggeschwindigkeit konnte von anfänglich >150 m/min. durch zweimaliges Öffnen und Schließen des Gasventils auf ca. 60 m/min. gedrosselt werden. Als Armin jedoch danach ein weiteres Mal öffnete, reagierte danach das Ventil nicht mehr. Über die akustische Rückmeldung der Motorbewegung war zwar zu hören, daß dieser angesprochen wurde, doch offenbar war er mechanisch irgendwie blockiert. Zunächst ist unklar, ob das Ventil offen oder geschlossen war, doch durch die anschließend abnehmende Höhe klärte sich das rasch... Wie beim ersten Flug (als wir das Ventil zwar zubekamen, aber leider erst drei Minuten zu spät, so daß bereits zu viel Gas entwichen war) fing der Ballon vorzeitig an zu sinken.

Die Peilteams (teils erst kurz davor in entgegengesetzte Richtungen geschickt) versuchten möglichst rasch, in die vermutliche Landegegend zu gelangen. Trotzdem ließ es sich nicht vermeiden, daß manche von ihnen nach der Landung das Signal verloren. Das Telemetrieteam war aber offenbar die meiste Zeit beinahe unter dem Ballon, und so konnten die anderen Teams wieder auf die richtige Fährte gebracht werden. Eine halbe Stunde nach der Landung wurde der Ballon dann von Ludger (DL3YBO) und Oliver (DL9QJ) gefunden. Dabei wurde von diesen nach dem Wiederfinden des Signals noch nicht einmal die Peilausrüstung benutzt. Das Signal wurde mittels Handies und rundstrahlender Fahrzeugantenne verfolgt, und man fuhr einfach so lange in Richtung der vermuteten Landestelle, wie das Signal stärker wurde. Plötzlich tauchte der Ballon vor ihnen auf - er hing an einem Weidezaun direkt neben dem (asphaltierten) Feldweg. Man konnte direkt neben ihm parken, was die ohnehin verdutzten Kühe auf der anderen Seite des Zaunes noch weiter verblüffte. Diese Kühe hatten wir zunächst in Verdacht, unsere Benachrichtigungs-Aufkleber auf der RX-Box aufgefressen zu haben. Doch wie sich später herausstellte, waren sie von Spaziergängern entfernt worden, die sich dann telefonisch bei uns meldeten.

Der Zustand der Antennen nach der Landung erklärte auch das recht schwache Signal - nur mit Mühe waren diese noch als solche zu erkennen - beim ehemaligen Kreuzdipol der Notbake brauchte man dazu schon reichlich Phantasie. Trotzdem waren wir natürlich froh, alles wiederzuhaben, und nach dem Einladen fuhren wir zurück nach Nienberge, wo wir unser Abenteuer (schon fast traditionell) in der Eisdiehle beendeten.

Durch die vielen Empfangsberichte, die uns nach dem Flug vorwiegend via PR erreichten, wurden wir in unserer Arbeit reichlich entschädigt. Ein anderer OM hatte uns in die PR-DX-Cluster eingegeben, und dort waren sogar Meldungen aus G zu lesen (Grid: JO02). Berichte erhielten wir ferner aus dem Gebiet um Hannover, aus der Nähe von Hof und Mannheim u.a.m.

Für den nächsten Start hoffen wir, daß das Zusammenspielen von Baken und Transponder klappen wird (über Lösungen wurde bereits nachgedacht) und wir damit endlich einen Nutzer-Zugang anbieten können. Nachdem wir vermutlich doch ATV auf 13 cm machen dürfen, ist der Kauf einer S/W-CCD-Kamera angedacht (Farbe erlaubt uns unsere Kasse leider nicht). Doch bis zum nächsten Flug werden sicherlich noch ausgiebige Testreihen folgen, damit wir uns nicht wieder solch einer "Blitzaktion" entgegensehen!

Die Ursache für die Fehlfunktion des Gasventils ist inzwischen gefunden. Schuld ist der 3,5-mm-Klinkenstecker, der in der Steuerleitung zum Gasventil als Sollbruchstelle für den Fall eines Absprengen des Ballons integriert war. Dieser hatte sich etwas gelockert und leitete alle Steuerkommandos (Gasventil auf bzw. zu) auf die Ader für das Kommando "Gasventil auf" weiter. Gleichgültig also, welches Kommando gesnedet wurde, es öffnete immer das Gasventil...

Mitteilungen über bevorstehende Flüge bzw. Berichte über durchgeführte sind an folgenden Stellen zu finden:

Falls sich jemand näher für ARTOB interessiert und einen Zugang zum Internet besitzt, so sei ihr/ihm folgende URL im WWW empfohlen, dort sind jede Menge Informationen über die Aktivitäten amerikanischer Ballon-Gruppen zu finden:

http://www.usa.net/~rickvg/eoss.htm

(bzw. von http://www.usa.net/~rickvg/othgrp/othnews.htm aus sind Links zu den -englischen-Berichten unserer Starts zu finden)

Für Anregungen, Empfangsberichte (Adresse s. u.), Vorschläge, konstruktive Kritik und andere Rückmeldungen sind wir jederzeit dankbar.

Oliver Welp, DL9QJ			[Internet:	dl9qj@amsat.org
Gustav-Freytag-Str.11		 	 PR:		DL9QJ @ DB0EA.#NRW.DEU.EU
D-48161 Münster				 Tel./Fax:	+49-2533-7312]


ARTOB-Flug DLØART/am am 08.10.1995 (OV Nienberge, N46): Datum: Sonntag, 08.10.1995 Startzeit: 13:11 h MEZ Startort: Münster-Nienberge JO32SA (Parkplatz vor dem Freibad) Daten Ballon: Rufzeichen: DLØART/am QRGs/Modulation: (1) Telemetriebake: 145,200 Mhz (F2D und F2A) (Rufzeichen in CW, dazwischen Tonsignale für Höhe, Außen-/Innentemperatur, Batteriespannung) (2) Notbake: 144,987 Mhz (F1A) (mit Infotext in CW) (3) Transponder: wegen techn. Probleme gestrichen (4) Telemetrieempfänger: auf 70 cm und 10 m (Reserve) Leistungen: (1) 2 W (2) 100 mW (3) --- Antennen: (1) Groundplane (2) Kreuzdipol (3) Big Wheel für 2 m flog mit, da bereits als Spreizer der Fallschirmleinen integriert (4) 70 cm: Groundplane / 10 m: lambda/2 Stromversorgung: 5 (Mono-)Zellen LiSO2 zu je 3 V / 6 Ah (2) 1 Zelle LiSO2 + step-up auf 9 V Durchm. Ballon: ca. 2,8 m Startgewicht: Ballonhülle: 1320 g \ > gesamt 4005 g Equipment: 2785 g / Auftrieb beim Start: 300 g Fallschirm: ca. 2 m Durchmesser Gas: Wasserstoff Rücksprache der Peilteams via 70-cm-Relais Münster (DBØPD; R 84). Ablauf (MEZ): 11:30 Treffen bei Armin, DF1QE 12:20 Eintreffen am Startplatz (Parkplatz Freibad Münster-Nienberge, JO32SA) 12:30 Befüllen des Ballons 12:55 Telefonische Benachrichtigung der DFS 13:00 Telefonische Nenachrichtigung des Flughafens Münster-Osnabrücks. Es ist zu befürchten, daß wir in die Kontrollzone des Flughafens geraten. Für diesen Fall erhalten wir eine Überfluggenehmigung in einer Höhe von mind. 10.000 ft 13:05 Letzter Test des Gasventils 13:11 Start Der Ballon steigt zügig und driftet in Richtung NN0 (35°) 13:22 Höhe 1490 m, Steiggeschwindigkeit 156 m/min. 13:28 Höhe 2500 m, erstes Öffnen des Gasventils (1 min.) Steiggeschwindigikeit danach 70 m/min. 13:30 zweites Öffnen des Gasventils (1 min.) Steiggeschwindigikeit danach 60 m/min. 13:35 drittes Öffnen des Gasventils; bei dem Versuch des Schließens klemmt der Motor offensichtlich, und das Ventil läßt sich nicht mehr schließen. Dadurch wird der Sinkflug eingeleitet. 13:38 Größte Höhe: 3317 m 13:54 Höhe 2039 m, Sinkgeschwindigkeit 100 m/min. 14:10 Ballon ist offenbar gelandet. Peilteams, die sich nicht in unmittelbarer Nähe der Landestelle befinden, verlieren den Kontakt zur Ballon-Bake 14:40 Der Ballon wird von Oliver, DL9QJ, und Ludger, DL3YBO gefunden. Er hängt in einem Weidezaun an einem Weg im Kattenvenner Moor (JO32WC), 14 km W von Greven Flugdauer: 1 h Flugstrecke: 21 km Minimum Maximum Höhe: 80 m 3317 m Außentemp.: 3,1° 24,7° Innentemp.: 26,9° 31,5° Batteriesp.: 14,29 V 14,35 V


[Dieser Artikel ist im Funktelegramm 12/95 erschienen.]


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Letzte Bearbeitung: 17-September-1998
Verantwortlich: © Oliver Welp, DL9QJ - dl9qj@amsat.org